JOCHEN BIGANZOLI REGISSEUR
WEIHNACHTSORATORIUM von Johann Sebastian Bach, STAATSTHEATER KASSEL
Musikalische Leitung: Kiril Stankow
Bühne: Wolf Gutjahr
Kostüme: Katharina Weissenborn
Video: Konrad Kästner
Dramaturgie: Sarah Schnoor
In seiner dezidierten Überladung mit Eindrücken und Aufforderungen an das Publikum – hier blinken die Sterne, da das Glitzerhemd des Evangelisten also known as Showmaster; mal soll man spenden, mal mitsingen; zugleich müssen auch noch drei Wohnräume und das Fitnessstudio im Blick behalten werden – trifft Biganzolis Inszenierung durchaus ein vorweihnachtliches Lebensgefühl und stellt an jeden einzeln die Frage: Mitmachen oder nicht?
Es ist im Grunde nicht das Weihnachtsoratorium, das einer Aktualisierung durch szenische Aufbereitung bedarf. Vielmehr bietet diese Musik auch oder vielleicht gerade nach fast dreihundert Jahren eine solch universelle, bis heute verständliche Tonsprache, um diese Szenen der Gegenwart in sich aufnehmen und reflektieren zu können. Gerade die beiden aktuellen, zeitgebundenen Adaptionen aus Kassel und Düsseldorf bestätigen damit die Zeitlosigkeit von Bachs musikalischer Kunst.
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Am Ende, wenn noch einmal der Chor und die Musik den Trost der Weihnachtsbotschaft jubelnd in Erinnerung rufen, sind es von den Choristen herangeführte Zuschauer, die die restlichen Glühlampen in einen üppigen Weihnachtsstern einschrauben, der dann langsam gen Schnürboden entschwebt. Damit endet ein packendes Weihnachtsoratorium, das die Überfremdung der christlichen Überlieferung durch den Kommerz und die Vereinsamung der Einzelnen ebenso aufzeigt, wie sie an die tröstliche Botschaft erinnert, die in Bachs Musikliegt.
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