WINTERREISE von Franz Schubert, BREMER SHAKESPEARE COMPANY
Inszenierung und Organisation: Jochen Biganzoli
Ausstattung: Heike Neugebauer
Dramaturgie: Dr. Frank Nolte
Mitwirkende: Johannes Schwärsky, Erik Roßbander, Stephan E. Wehr
DEUTSCHLANDFUNK, 14. OKTOBER 2002
Inszeniertes Liedgut
Es war Bildungstheater der besten Sorte: eine mit großem und gerade auch politischem Hintergrund inszenierte Reise in deutsche Restaurationsepochen. Gerichtet gegen die endemische Vergesslichkeit und gegen die postmoderne Beliebigkeit beim Zugriff auf historische Texte. (...) Trübes Licht. Stehen gebliebene Zeit. 1 Bahnsteig, 1 Gleis, 1 Klavier. (...) Das Ego und das Alter Ego der Winterreise treten sich, vorsichtig tastend, näher und in Dialog; ein paar mal sogar in Zwiegesang. (...) Aber im Wesentlichen bleibt die Substanz des Zyklus unangetastet. (...) Oliver Herrmann hat die WINTERREISE vor ein paar Wochen im Boxring der ehemaligen Kraftzentrale Duisburg in eine kleine Box gesetzt, mit allerhand Zivilisationsmüll befrachtet und von seiner hochschwangeren Gattin Christine Schäfer vokal zurichten lassen. Gegenüber diesem jämmerlichen Missgriff der RuhrTriennale-Leitung handelt es sich bei der Bremer Produktion um eine hochintelligente, höchst artifizielle Aneignung und Umsetzung des historischen Textes und Tons.